Ein halbes Jahrhundert Beitrag vom 8. April 2017

Wer Geburtstag feiert, lädt sich gerne Gäste ein. Und wenn es dann auch noch der 50. Ist, kommen die umso lieber in großer Zahl. Wenn es sich dann noch um ein Ensemble wie die Trachtenkapelle Kocherbach (TKK) handelt, ist klar, dass es kein staubtrockener Abend sein würde, sondern ein mit viel Musik gewürzter. Natürlich gab es auch zahlreiche Glückwünsche zum halben Jahrhundert und viel Anerkennung für die geleistete Arbeit in den vergangenen fünf Jahrzehnten. Vor allem die Einbindung der Jugend ins Orchester wurde immer wieder hervorgehoben.

Mit etlichen Musikstücken, vor allem Polkas und Märschen, brachte sich das 25-köpfige Ensemble in die Veranstaltung ein. Passend zur Eröffnung: das Stück „Für unsere Freunde“, die in der Peter-Heckmann-Halle zusammengekommen waren. Eine Begrüßung der anderen Art hatten sich der Vorsitzende Toni Emig und sein Stellvertreter Sven Helfrich ausgedacht. In launigen Worten gingen sie auf die Vorgeschichte des Festabends ein und stellten die Anwesenheit der Ehrengäste fest.

Moderator Dieter Emig wies auf das Kocherbacher Doppeljubiläum hin: Vor 50 Jahren wurde auch die dortige Kirche eingeweiht. Passend dazu machte die Kapelle einen Streifzug durch „Ein halbes Jahrhundert“. Spiritus Rector Hans Kohl legte damals den Grundstein für die Trachtenkapelle. Bei den Proben „sind wir erst durch verschiedene Keller gezogen“, schmunzelte Emig, ehe dann 1978 das Kocherbacher Bürgerhaus zur Heimat wurde.

17 Jahre stand der Gründer der TKK ihr als Vorsitzender und musikalischer Leiter vor, ehe ihm Hermann-Josef Speck als Dirigent folgte. In den 90er Jahren trat dann Achim Wagner ans Pult, der auch heute noch den Ton angibt. „Seine Handschrift der Musikausrichtung führte uns in andere Sphären“, meinte Emig. Und brachte Stabilität rein. 2013 dann auch der Wechsel im Vorstand: Auf den seit 1996 amtierenden Norbert folgte Toni Emig. Damit wurden „die Weichen vom halben zum ganzen Jahrhundert gestellt“.

Das Jubiläum bezeichnete Schirmherr Bürgermeister Joachim Kunkel als „wunderbares Ereignis“ nicht nur für Kocherbach, sondern für die gesamte Gemeinde. Die Kapelle sei ein guter Beweis dafür, „dass Musik Generationen verbindet“. Er freute sich, dass auch die Jugend den Weg zu den altgedienten Musikern gefunden habe. „Vieles ginge nicht ohne Ehrenamt“, wies er auf dessen tiefe Verwurzelung in Wald-Michelbach hin.

Dieter Emig nutzte die Gelegenheit, dem scheidenden Bürgermeister seinen Dank für die Unterstützung in den vergangenen 18 Jahren auszudrücken. Gleichzeitig freute er sich, dass der neue Rathauschef Sascha Weber aus Kocherbach stammt und in den 90er Jahren bei der TKK das Trompete spielen erlernte. Er appellierte an die Politiker aus Land und Bund, für eine gute Finanzausstattung der Kommunen zu sorgen, damit diese wiederum die Vereine unterstützten könnten.

Die Erste Kreisbeigeordnete Diana Stolz würdigte den Erfolg des Vereins, volkstümliche Blasmusik den Menschen näherzubringen. Das 50. Jubiläum sei nicht nur ein Blick zurück, sondern durch die vielen jungen Mitglieder auch einer in die Zukunft, meinte sie. Der Bundestagsabgeordnete Michael Meister bezeichnete es als „faszinierend“, dass in einem solch kleinen Ort Jugendlichen die Chance auf eine musikalische Ausbildung ohne hauptamtliche Kräfte gegeben werde. Es zeige auch, wie hoch die Identifikation mit dem Dorf sei.

Der Bergsträßer CDU-Vorsitzende forderte dazu auf, Musik nicht nur zu konsumieren, sondern auch aktiv zu gestalten. Seine Worte führten Emig zu einer kleinen Rechnung. Wenn bei 200 Kocherbacher Einwohnern 25 aktiv in der Trachtenkapelle seien, bedeute dies eine Quote von 12,5 Prozent. Umgerechnet auf eine Großstadt eigentlich ein unvorstellbarer Prozentsatz.

Die Besinnung auf traditionelle Musik im Jahr 1967 war laut der SPD-Bundestagsabgeordneten Christine Lambrecht „etwas ganz Besonderes“. Denn eigentlich waren zu dieser Zeit die Beatles oder die Rolling Stones angesagt. „Es macht immer wieder Spaß hierherzukommen“, so Lambrecht. Die TKK spiele „echte, ehrliche, authentische Musik“, die vor Ort gelebt wird. Auf der Bühne herrsche nicht nur „wunderbar viel Rot vor“, schmunzelte sie, sondern es sei auch viel Jugend da.

„Dem Land Tirol die Treue“, der „Böhmische Traum“ oder „Slavonicka“ waren weitere traditionelle Stücke an diesem Abend. „I’ll do it for you“ von Bryan Adams bediente zwischenzeitlich das jüngere Publikum, mit den „Kocherbacher Spezialitäten“ wurde den Kastelruthern Respekt gezollt. Ein Highlight nach der Pause war der Auftritt der Ehemaligen, die nach der Vorstellung durch Dieter Emig die „Kleine Magdalen“ spielten.

„Ein Verein wird maßgeblich von den Menschen getragen, die sich hier für die Gruppe und in der Gemeinschaft engagieren“, betonte die Kreisbeigeordnete Diana Stolz anlässlich der Verleihung von fünf Landesehrenbriefen an Mitglieder der Kocherbacher Trachtenkapelle. Diese nahm sie zusammen mit Joachim Kunkel vor. „Besonders eine Kapelle funktioniert nur, wenn alle Musiker gemeinsam wirken, sie sozusagen im gleichen Takt spielen“, so Stolz.

Jeder mit seinem Instrument und auch der Arbeit während der Proben, vor und nach Auftritten sei wichtig. Es bedürfe vieler Personen, die auf der Bühne stehen, aber auch hinter den Kulissen helfen, meinte die Kreisbeigeordnete. Vor fünf Jahrzehnten waren es laut Stolz sieben Personen, die den Verein gründeten, damals mit teils ausgeliehenen Instrumenten und Wohnungen als Übungsstätte. Heute zähle man 25 aktive Musiker und rund 100 Mitglieder.

Roland Beisel war unter anderem zweiter Vorsitzender von 1986 bis 1988, Rechner (1990-1993) und Jugendleiter (1993-1997). Er ist nunmehr seit 20 Jahren Beisitzer (seit 1997), zudem in der Nachwuchsarbeit tätig und war eines der sieben Gründungsmitglieder. Wie auch Horst Beisel, heute noch aktiver Musiker. Dieser war Jugendwart (1976-1978) und Rechner (1978-1990), Vorsitzender von 1983 bis 1985 und 1990 bis 1995, danach zweiter Vorsitzender von 1995 bis 2010. Außerdem ist er ebenfalls aktiv im MGV Wald-Michelbach. Dort als er zweiter Schriftführer (1977-1990) und zweiter Vorsitzender (1999-2002). Darüber hinaus engagiert sich Horst Beisel seit 16 Jahren im Ortsbeirat Kocherbach. Zehn Jahre lang war er Ortsvorsteher.

Norbert Emig war Jugendwart von 1978 bis 1993 und Beisitzer von 1993 bis 1995, außerdem 17 Jahre lang Vorsitzender von 1996 bis 2013. Zwei Söhne von ihm musizieren in der Trachtenkapelle, der älteste, Toni, übernahm 2013 den Vorsitz. Norbert Emig ist seit 1998 Ortslandwirt, seit 2003 Mitglied und seit 2016 auch stellvertretender Vorsitzender des Gebietsagrarausschusses im Kreis Bergstraße.

Erwin Sattler war und ist wieder Beisitzer (2000-2002 und seit 2010) sowie war stellvertretender Schriftführer (2002-2010) der TKK. Er ist besonders aktiv in der Jugendausbildung. Zudem engagiert er sich im Schutz- und Gebrauchshundeverein Wald-Michelbach. Dort war er zweiter Vorsitzender (2004-2008 und 2011-2014) und Vorsitzender (2009-2011). Sattler war darüber hinaus Organisator des Husky-Hundeschlitten-Rennens in Wald-Michelbach. Seit 2013 ist er aktives Mitglied des Konzertorchesters im Saxophon-Register der Katholischen Kirchenmusik Ober-Abtsteinach.

Joachim Wagner ist seit 1994 der Dirigent der Kapelle, zudem seit 17 Jahren Pressewart und Beisitzer. Wagner ist daneben seit über 30 Jahren Mitglied im Gesangverein Harmonie Ober-Schönmattenwag, war früher aktives Mitglied des Spielmannszuges der Freiwilligen Feuerwehr Ober-Schönmattenwag und spielt bei den Jagdhornbläsern Siedelsbrunn.

Der Ehrenbrief des Landes sei eine Auszeichnung des Hessischen Ministerpräsidenten, so Stolz. Er werde für besonderes ehrenamtliches Engagement im Bereich der demokratischen, sozialen oder kulturellen Gestaltung der Gesellschaft vergeben. Die Auszeichnung mit dem Ehrenbrief des Landes Hessen setze eine mindestens zwölfjährige aktive ehrenamtliche Tätigkeit voraus – beispielsweise in Vereinen mit kulturellen Zielen. „Diese Voraussetzungen erfüllen Sie eindrucksvoll, wie ich ausgeführt habe“, sagte sie.

Quelle: Thomas Wilken - ueberwaelder.wordpress.com